Südwärts - Auszeit mit dem Camper (Teil 2)
Kastilien - La Mancha
Eine Region wo man den Massentourismus vergebens sucht. Schon seit einigen Tagen haben wir kein einziges ausländisches Kennzeichen an einem Auto gesichtet. Spanische Touristen wird es allerdings einige haben, darunter auch Wohnmobile. Wir suchen uns das kleine Städtchen Cuenca mit seinen hängenden Häusern (Casas Colgadas) aus. Die Landschaften durch die wir von Calasparra nach Cuenca fahren, sind vielseitig. Wir halten uns an eine auf der Karte grün markierte Route und diese schlängelt sich mit hübschen Aussichten, tiefe Blicke und schroffe Felswänden durch die Berge. Die Strassen gesäumt von Wacholderheiden, Eukalyptusbäumen, Olivenbaumfelder, rundblättrige Eichen, wildem Rosmarin, Oleander, Waldkiefern. Es duftet herrlich.
Wein, in kaum einer anderen europäischen Region wird soviel Wein angebaut wie hier. 50 % der spanischen Weinproduktion kommen von hier. Von Bedeutung ist zudem der Anbau von Getreide, was wohl auch die ausgemergelte Landschaft erklärt oder vielmehr die weit sichtbaren, abgeernteten Getreidefelder. Die Maisernte ist dahingegen noch voll im Gange. Ach ja, die La Mancha ist die Region, in der der spanische Nationaldichter Cervantes seine Romanhelden Don Quijote und Sancho Panza ihre Abenteuer erleben lässt.
Natürlich weiss ich das nicht alles einfach so, ich lese über die Regionen durch die wir fahren oder was eben interessant, spannend und sehenswert ist, dann entscheiden wir und ich kreiere einen hübschen Text für euch.
Nun eben heute, am spanischen Nationalfeiertag, besuchen wir Cuenca. Ein ansehnliches Städtchen, mit überschaubarem Tourismus. Die befestigte Altstadt gehört übrigens zum UNESCO-Weltkulturerbe. Wir flanieren bei frischen Temperaturen, aber trockenem Wetter durch die authentische Altstadt und lassen den Rundgang mit einem feinen Essen in einer kleinen, modernen Bar ausklingen. Nur etwa 35 Minuten von Cuenca, finden wir heute unseren Stellplatz im Regionalen Naturpark „Serranía de Cuenca".
Parque Natural de la Serranía de Cuenca
Gestern unter spanischen Touristen, heute unter Geiern. Dieser Park ist eine eigene Überschrift wert. Insgesamt haben wir drei Nächte hier verbracht und sind begeistert. Grandiose Landschaft, sympathische Menschen, grossartige Naturerlebnisse.
Gestartet sind wir mit einer Übernachtung am Eingang zum „Ciudad Encantada". Da offiziell erst um 10 Uhr geöffnet wird, sind wir am Morgen gemütlich zum „Mirador de Uña" aufgebrochen und wurden mit einer tollen Stimmung belohnt.
Genau zum richtigen Zeitpunkt betraten wir diesen („Ciudad Encantada") geschützten Bereich im Naturpark, für dessen Eintritt 6 Euro pro Person verlangt wird. Eine happige Summe, wie wir finden. Der gesamte Rundweg besteht aus Felsformationen, die durch die Einwirkung von Wasser, Wind und Eis geformt wurden, die es durch die Erosion der Felsen seit Jahrhunderten geschafft haben, mehr als nur kuriose Figuren wie z B. menschliche Silhouetten, Objekte und Tiere zu modellieren. Beeindruckend ist es allemal, auch der Besucherstrom an vorrangig spanischen Touristen ist bemerkenswert. Gut, wir stellen fest, es ist Sonntag, bestes Wetter und die Spanier pilgern zu Tausenden an diesen Ort.
Am frühen Nachmittag ist der Parkplatz brechend voll und wir fahren in das nur 30 Minuten entfernte Uña. Wieder auf einen kleinen Stellplatz, der mir von Park4Night angezeigt wurde. Ein Volltreffer wie sich zeigt. Ruhige Atmosphäre unter gelb leuchtenden Pappeln mit wenigen, anderen Campern. Wir können hier zudem unser Grauwasser ablassen und (ungechlortes) Frischwasser füllen.
Uns fällt in der Region einmal mehr auf, das ausländische Touristen in minimalster Anzahl vorkommen, das macht sich vor allem auch daran bemerkbar, dass die meisten Schilder über Attraktionen ausschliesslich auf spanisch sind. Ist auch irgendwie sympathisch und so bleiben wir gleich zwei Nächte hier.
Wir machen eine Wanderungen rund um Uña – und das was sie auf komoot und dem örtlichen Hinweisschild verspricht hält sie auch. Schon am Vorabend sind uns die zahlreichen Vögel aufgefallen und ich werweisste ob dies nicht Geier sind, welche hier heimisch sind. Aber der Reihe nach. Nach dem Provianteinkauf im kleinen Supermercado ging die Tour nun los. Eine Runde mit angesagten 9 km und ca. 340 Höhenmetern. Ideal. Der Weg schlängelte sich den Berg hinauf, gut markiert. Die Stimmung heute Morgen war noch etwas mystisch, da es leicht trüb, diesig war, die Luft klar und es war sehr leise. Nur ab und zu war wohl das spanische Militär mit ihren Fliegern unterwegs und durchbrach die Stille.
Es war so still, dass wir uns, wenn wir uns unterhielten, dies auch flüsternd taten, so ganz automatisch irgendwie. Jeder war für sich und doch gemeinsam durch die ruhigen Kiefernwälder unterwegs. Lavendelbüsche und Thymian säumten unseren Weg und dann waren sie da, die Geier. Vereinzelt hatten wir welche in den Felswänden gesehen, aber nun kamen sie zu Hauf und starteten ihre grandiose Flugshow während unserer Mittagsrast. Ich sprang auf und konnte es kaum fassen. Wir hörten auf zu zählen, aber sicher an die Hundert Löwen-Geier zeigten ihre Flugkünste bei der wohl aufkommenden guten Thermik. Es war der Hammer. Und DAS werden wir wohl nie mehr erleben. Geier, keine Hundert Meter von uns entfernt. Ich bekam Gänsehaut. Ein einmaliges Geschenk.
Die gesamte Wanderung, welche sich dann auf 11 km und ca. 4 Stunden ausweitete, war richtig schön und einsam. Der Weg teilweise in den Kalkfelsen, teilweise durch die duftenden Kiefernwälder. Immer wieder wurde der Blick zur Laguna de Uña offenbart und die herbstlich gelb gefärbten Pappeln zauberten eine wunderbare Stimmung. Ein absoluter Wohlfühlort, fernab der Touristenströme.
Gemütliche Fahrt in Richtung Norden
Heute stand ein "Fahrtag" an und wir haben uns einmal mehr für eine auf der Karte grün hinterlegte Strecke entschieden. Und das hat sich gelohnt. Wunderschöne Route mit einigen Highlights. Kurvige Strässchen durch tolle Gebirgslandschaft mit "Pässen" auf bis zu 1705 m und immer wieder offene Blicke. Ein richtiges Farbenspiel, auch weil Sonne, Wolken und anfänglicher Nebel jeden Streckenabschnitt in ein anderes Licht tauchte.
Einen kurzen Stopp zum Einkaufen und dann noch eine kleine "Castillo-Runde" legten wir in Molina de Aragón ein.
Eines ist hier ganz klar, wohl kaum jemand spricht einer unserer Sprachen. Hauptsächlich bewegen wir uns auch heute in Kastilien-La Mancha, welche ich persönlich grossartig finde. Eben weil es nicht so touristisch ist, aber vor allem grandiose, abwechslungsreiche Landschaften bietet und immer wieder Highlights wie Seen, Canyons, Flusslandschaften, Felsformationen, Ruinen, Klöster und und und.
Nun geniessen wir einen wunderbaren Abend am "Embalse la Tranquera".
... und genauso kurz und intensiv wie der Sonnenuntergang war, präsentierte sich auch der Sonnenaufgang. Traumhaft. Einer der schönsten Stellplätze.
Haro, die Weinhauptstadt in der Rioja Alta
Mit der Karte bewaffnet, prüften wir von hier aus unsere Optionen in Richtung Norden. Heute war ein Regentag angesagt, der dann aber grösstenteils ausblieb und nur während dem Einkaufen in Soria seiner Wettervorhersage nachkam. So konnten wir während der Fahrt durch die Berge einmal mehr die vorbeiziehenden Landschaften mit den roten Felsformationen und tanzenden Blättern bewundern.
Wir entschieden uns nun für die Rioja-Region. Na wenn wir schonmal hier sind und es quasi auf dem Weg liegt. Anfänglich waren wir von der Zivilisation erschlagen, welche dann aber von riesigen Flächen an Reben abgelöst wurde und sich vordergründig auf einer leicht hügeligen Landschaft erstrecken. Während im Hintergrund höhere Berge dominierten.
Auf dem örtlichen, grossen, aber sehr sauberen Campingplatz platzierten wir unser Fahrzeug, genossen eine heisse Dusche und machten uns dann auf ins Städchen um uns ins Getümmel zu stürzen um das eine oder andere Glas Wein zu probieren. Die Gassen waren noch leer und es wurde deutlich, dass wir in einem typischen spanischen Ort sind, wo vor 19, 19:30 Uhr gar nichts läuft, aber auch wirklich gar nichts. Wir schlichen etwas hilflos umher, denn wir hatten Hunger und Durst. Viele Bars die offen haben sollten, laut Google Öffnungszeiten, waren (noch) geschlossen, oder öffneten heute an einem Mittwoch nicht. Na Bravo. Bestes Timing unsererseits.
Nun, hübsch ist Haro, kleine Gassen, alterwürdige Kirche, unzählige (geschlossene) Tapasbars. Wir machten noch eine Schlaufe bevor wir auf dem belebtesten Platz eine Flasche Wein organisierten und ein Gläschen genossen. Mittlerweile war es auch halb acht, so dass wir in eine Bar gehen konnten. Wir liessen uns die Karte gebe und da auch hier kaum jemand englisch spricht, haben wir mit Hilfe unserer Übersetzungsapp die Speisekarte durchstöbert und mussten also herzlich lachen, was uns da so übersetzt wurde.
Schlussendlich entschieden wir uns für vier verschiedene Vorspeisen oder Tapas, die richtig gut waren, dazu ein Glas Weisswein. Ein perfekter Abend in Spanien.
Selbstverständlich haben wir es uns auch nicht nehmen lassen, diverse "Bodegas" zu besuchen. Der FORCE ist nun um einiges voller 🤭 und unsere Geldbörse leerer.
Lest in Südwärts - Auszeit mit dem Camper (Teil 3) von unserer zweiten Camperwoche weiter.